Alternatives Weihnachtsfest mit plattem Ausgang

Mit einer rund einmonatigen Verspätung kommt nun endlich auch der Bericht zu unseren Weihnachtstagen auf der Coromandel Halbinsel.

Die Coromandel Peninsula liegt auf der Nordinsel Neuseelands. Sie ist 85 Kilometer lang und 40 km breit, liegt an der Ostküste westlich der Bay of Plenty und grenzt den westlich liegenden Hauraki-Golf mit dem Firth of Thames teilweise vom Pazifik ab. Der Name stammt vom Handelsschiff HMS Coromandel (1820). Die Halbinsel ist sehr hügelig und größtenteils von subtropischem Regenwald bewachsen. Eine Bergkette steigt bis auf etwa 900 m auf und bildet das Rückgrat der Halbinsel. Sie ist sehr dünn besiedelt, was angesichts der Nähe zu Auckland verwundert. Nur fünf Orte haben mehr als tausend Einwohner (Coromandel, Whitianga, Thames, Tairua und Whangamata), nur Thames hat mehr als 5000 Einwohner. Coromandel ist beliebt bei Menschen mit alternativem Lebensstil, vor allem aus Auckland. Auch immer mehr reiche Leute aus der Großstadt siedeln sich hier an. Das führt leider zu exorbitant hohen Grundstückspreisen. Wir haben uns an der Flaxmill Bay mal den Preis für ein 900 qm großes Grundstück geben lassen: 720.000 NS$, das entspricht beim derzeitigen für uns schlechten Kurs etwa 500.000 Euro! In Hülle und Fülle blühen die wunderbaren Christmas Trees "Pohutukawa".

In Whitianga haben wir uns in einem Holiday Park eine schön eingerichtete "self-contained unit" für drei Tage geleistet und diese nach unserer Ankunft am Spätnachmittag des Heiligabend ein wenig mit Selbstgebasteltetem und Mitgebrachtem weihnachtlich dekoriert. Wir machten uns frisch und ein bisschen nett zurecht - dazu gehörte auch unser weihnachtlicher Kopfschmuck - und gingen mit einer Flasche Sekt und ein paar Cashewnüssen bewaffnet an den Strand. Viele Geschäfte und Restaurants hatten noch auf und jeder, der uns begegnete, bekam von uns ein Merry Christmas mit auf den Weg. Am Strand prosteten wir uns zu und wünschten uns schöne Weihnachten, doch zunächst sind diese schönen Fotos entstanden:


Leicht angedudelt machten wir uns in der Dämmerung auf den Rückweg und kochten noch ein paar simple Nudeln mit Tomatensoße.

Der Weihnachtsmorgen, der einzige Tag an dem in Neuseeland tatsächlich alles geschlossen ist, startete mit einem ausgedehnten Frühstück und der Geschenkeverteilung. Diese fiel angesichts unseres "großen halbjährigen Geschenks" zwar mager, dafür aber sehr neuseeländisch aus: ein Kiwi-T-Shirt für Horst, eine Kiwi-Pouch fürs iPhone für Christiane und ein Plüsch-Kiwi und Kiwi-Socken für Anna. Jetzt war es an der Zeit via Skype mit der Heimat Kontakt aufzunehmen, um mit den Daheimgebliebenen den Heiligabend in Deutschland bzw. Österreich zu begehen. Wenngleich es nicht mit allen gleich gut funktionierte, hatten wir unseren Spaß und konnten uns gegenseitig - in die winterliche Kälte und in die sommerliche Wärme - einen schönen Weihnachtsgruß übermitteln.

Während sich der Heiligabend in Deutschland dem Ende zuneigte, überlegten wir, was wir mit dem angebrochenen Tag anfangen sollten. Wir entschieden uns für eine Tour mit dem Auto zum Hot Water Beach, einer Thermalquelle an der Ostküste. Hier tritt direkt am Strand Wasser mit 64 °C aus zwei Quellen aus, die bei Ebbe etwa zwei Stunden lang zugänglich sind. Wir hatten uns über die Gezeiten keine Gedanken gemacht und kamen natürlich bei Flut an dem kleinen Strand an. Zahlreiche Besucher hatten sich Schaufeln besorgt und versuchten bereits, über den Quellen Kuhlen auszuheben, so dass sie sich im sammelnden, warmen Wasser baden können. Natürlich brachte das bei Flut gar nichts, denn sie buddelten viel zu weit oben am Strand. Wir genossen ein wenig das bunte Treiben und beschlossen dann, nicht mehr auf die Ebbe zu warten, sondern weiter zur Cathedral Cove zu fahren. Zu diesem Zeitpunkt kamen uns für neuseeländische Verhältnisse Scharen von Menschen entgegen, alle mit Picknick-Korb und Schaufel bewaffnet, um ein ausgiebiges Weihnachtsfest im Strandpool zu genießen.

Die Cathedral Cove ist ein abgelegener Strandabschnitt der großartigen Mercury Bay und nur über einen 45-minütigen steilen Fußweg zu erreichen. Horst hatte nach einem Ausrutscher bei einer Wanderung Probleme mit einer Hüfte und zog es vor am glitzernd weißen Sandstrand der Mercury Bay auf Anna und mich zu warten. Also machten wir uns auf den Weg und waren verwundert, wie viele asiatische und indische Familien uns entgegenkamen. An diesem Tag, an dem alle Küchen und Supermärkte geschlossen sind, lässt sich erkennen, wie viele Menschen aus anderen Ländern tatsächlich im Hintergrund arbeiten. Und natürlich sind auch wieder viele deutsche Touristen unterwegs. Wir ließen uns von den Massen jedoch nicht abschrecken und waren von der Cathedral Cove begeistert. Mittlerweile hatte sich das Wasser soweit zurückgezogen, dass wir durch die riesige "Kathedrale" hindurch in eine andere Bucht gehen konnten. So haben wir wenigstens am Weihnachtstag auch eine Kirche besucht.

Am Abend bereiteten wir in unserer gut ausgestatteten Küche ein richtiges Festmahl zu: Spinat-Ricotta-Lasagne und zum Dessert in Schokolade getauchte frische Erdbeeren, Bananen und Ananas. Yummy! Dazu gab es für Horst und mich einen leckeren neuseeländischen Weißwein und für Anna ein Bier.

Am Boxing Day, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, haben bereits die meisten Geschäfte wieder geöffnet, denn es ist Hochsaison und wer will sich das Geschäft mit den einheimischen und internationalen Touristen schon entgehen lassen. Wir nahmen die kleine Fußgängerfähre um auf eine Landzunge zu kommen, die mit dem Auto nur über einen riesigen Umweg zu erreichen ist, und wanderten entlang der Küste, vorbei an einer Traumbucht nach der anderen. Hier fanden wir auch das Traumgrundstück zum Traumpreis. Schließlich kamen wir zur Cooks Bay. Dieser 3 km lange Sandstrand rühmt sich mit einer der ältesten Entdeckungsgeschichten Neuseelands. Nicht nur James Cook segelte mit der HMS Endeavour in die Mercury Bay um 1769 am Cooks Beach vor Anker zu gehen, auch Kupe, der mysthische polynesische Entdecker wählte diesen Platz, als er das erste Mal in Neuseeland landete und dem Land den Namen Aotearoa - das Land unter der langen weißen Wolke - gab. Wir landeten in dem kleinen Ort Cooks Beach in einem Fish'n'Chips Shop, wo wir leckeren frischen Fisch mit einer riesigen Portion Pommes verschlangen. Ansonsten hätte zumindest ich den Rückweg ohne Verpflegung kaum überstanden.

Am nächsten Tag ging es über den Bergrücken der Coromandel Peninsula - Schotterstraße - zur kurvenreiche Westküste der Halbinsel, an der Küstenstraße entlang zu unserem nächsten Halt nach Napier, wo wir Lena und Katrin vom Tongariro Crossing abends wiedertreffen wollten. Auf halber Strecke dorthin und genau am Tag unseres Bergfests hier sah es allerdings so aus, als würde uns unser Auto einen Strich durch die Rechnung machen. Als wir in Taupo tanken mussten, entdeckten wir einen platten Reifen. Wie praktisch dachten wir, an der Tankstelle wird es ja wohl irgend Jemanden geben, der uns helfen kann. Pustekuchen. Was nun? Es war Samstagnachmittag und zwischen Weihnachten und Neujahr haben sowieso viele Werkstätten und Reifenhändler geschlossen. Glücklicherweise hatten wir unsere ADAC Mitgliedschaft direkt nach dem Erwerb unseres Autos in eine AA Mitgliedschaft übertragen lassen, sodass wir nun deren Hilfe in Anspruch nehmen konnten. Nachdem sich Horst durch die endlosen Schleifen der automatischen Anrufentgegennahme gequält hatte, drang endlich eine echte menschliche Stimme an sein Ohr, mit der er sich vernünftig unterhalten konnte. Die nette Dame fragte nach unserem Standort und versprach, dass nach spätestens einer Stunde ein Mechaniker vor Ort sei.

Durch unseren mittlerweile dreimonatigen Aufenthalt hier und dem Vertrauen darin, dass sich alles finden würde, waren wir so gechillt, dass ich zunächst einmal unseren Liegestuhl auspackte und picknickte. Während Horst auf Hilfe wartete, nutzten Anna und ich die Zeit zum Lebensmitteleinkauf. Und als wir zurückkamen, war der schmale Ersatzreifen - sieht fast aus, wie ein Motorradreifen - fast schon montiert. Der freundliche Mechaniker versicherte uns, dass wir ruhig einige Kilometer damit fahren könnten, allerdings auf gar keinen Fall schneller als 80 km/h. Da wir am Sonntag einen Platz auf der Fähre von Wellington nach Picton gebucht hatten, mussten wir dann also wohl oder übel rund 500 km im Zockeltempo von max. 75 km/h zurücklegen. Doch zunächst musste der kaputte Reifen samt Felge noch einen Platz in unserem überfüllten Frachtschiff finden.

Später trafen wir uns tatsächlich mit Katrin und Lena in Napier und genossen zumindest noch ein gemeinsames Abendessen. Am nächsten Morgen brachen wir sehr früh auf, sodass wir trotz langsamer Fahrt unsere Fähre um 14 Uhr erreichten und glücklich in Picton landeten. Am Montagmorgen standen wir beim einzigen Reifenhändler der Stadt auf der Matte. Er hatte tatsächlich die Reifengröße, die wir benötigten und ließ ohne viele Worte zu verlieren seine bisherige Arbeit stehen und liegen um uns den neuen Reifen aufzuziehen. Nur rund 65 Euro hat uns die ganze Aktion gekostet. Was für ein tolles verspätetes Weihnachtsgeschenk!

Kommentare

  1. Hallo Ihr Erlebnisreichen,

    immer wieder mit freudiger Überraschung/Spannung erwarten und lesen wir eure Abenteuer!!

    Ein schöner Weihnachtsbericht, so weit ab von deutscher Tradition (wir hatten erstmals seit Jahren mal wieder einen üppigen Weihnachtsbaum). Ein bisschen- manchmal mehr manchmal weniger- Neid und Sehnsucht überkommt uns beim Lesen eurer Abenteuer.

    Hier in Bonn siehts schmuddelig kalt aus und wir bereiten uns schon heftig auf die 5. Jahreszeit, dem Karneval, vor. Direkt am Anschluss der tollen Tage fliegen wir dann nach 1 Woche nach Malle zur Mandelblüte.

    So Long und Alaaf

    Eure Bonner Gernot und Andi

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