Willkommene Begegnung unter Wasser

Kaikoura, ein ursprünglich kleiner Fischerort, liegt rund 200 km nördlich von Christchurch an der Ostküste und ist vor allem durch seinen Ökotourismus geprägt. Vor der steinigen und felsigen Küste fällt der Festlandsockel schon nach 1,6 km steil ab und erreicht in dem Kaikoura-Canyon eine Tiefe von bis zu 1.600 m. Durch seine Tiefe und günstige Strömungsverhältnisse bildet er perfekte Bedingungen für maritimes Leben direkt vor der Küste.


Im Namen Kaikoura steckt schon ein Hinweis, der sich auf das maritime Essen bezieht: Kai bedeutet in der Sprache der Māori Essen/Mahl und Kōura Krebs/Languste. Und so gönnen wir uns natürlich auch ein halbes leckeres Krustentier an einer Imbissbude am Strand.

Die kleine Stadt mit rund 3.500 Einwohner hat sich fast gänzlich dem Ökotourismus verschrieben und rühmt sich, die erste Gemeindebehörde weltweit zu sein, die den Green Globe 21 (GG21) für nachhaltiges Wirtschaften des World Travel and Tourism Council (WTTC) bekommen hat. Neben der Fischerei (Langusten) und der Landwirtschaft stellt der Tourismus heute die wichtigste Einkommensquelle des Ortes dar. 22,1 % der jährlich anreisenden Touristen kommen von Übersee (Quelle: Wikipedia) um vor allem Wale zu sehen und mit Seehunden und Delfinen zu schwimmen. Auch Albatrosse, Seeelefanten und Seeleoparden sind hier zu finden, da in dieser Region vor der Küste ein Überangebot an Nahrung besteht.

2003 bei unserem ersten Besuch in Kaikoura hatten wir "Swimming with the Dolphins" und "Whale Watching" gebucht. Das unbeschreibliche Erlebnis mit Delfinen im offenen Meer zu schwimmen, hat sich tief in meinem Körper verankert und so wollte ich es dieses Mal unbedingt wiederholen, ungewiss, ob meine Erwartung enttäuscht oder übertroffen wird. Das Gefühl in einer von hohen Wellen hin und her geschaukelten Nußschale zu sitzen und darauf zu warten, dass ein Wal kurz auftaucht, Luft schnappt und uns seine Schwanzflosse zum Abschied kurz entgegenstreckt, muss ich hingegen nicht mehr haben. Die Erinnerung daran hat sich ebenfalls tief in meinem Körper verankert, jedoch nicht in positiver Hinsicht. Ich habe heute noch ein flaues Gefühl im Magen, wenn ich daran denke.

Schnell zurück zum positiven Erlebnis mit den Delfinen: Horst hat Probleme beim Schnorcheln und wollte dieses Mal auf das Schwimmen mit den Delfinen verzichten. Anna hingegen war sofort Feuer und Flamme. Wir hatten bereits vor Weihnachten beim einzigen Anbieter im Ort - Stichwort Ökotourismus - eine Uhrzeit am 30.12. angefragt. Dreimal am Tag fahren sie mit zwei Booten und ca. 20 Leuten pro Boot zu der Stelle, wo sich die Delfingruppen tummeln. Es zeigte sich, dass an diesem Tag nur noch Plätze um 5:30 Uhr - ich meine morgens! - frei waren. Und so standen wir also am vorletzten Tag des Jahres 2014 um 4:30 Uhr auf, packten unsere Bade- und warme Sachen in unsere Rucksäcke und fuhren zum Dolphin Encounter. Es war so neblig an diesem Morgen, dass man nur 100 m weit schauen konnte und wir waren neben der Müdigkeit auch ein wenig enttäuscht als wir dort ankamen. Die freundliche Dame am Empfang erklärte uns jedoch, dass wir die beste Zeit des Tages gewählt hätten, denn die Dusky Dolphins (Schwarzdelfine, lat. Lagenorhynchus obscurus) wären nachtaktive Jäger und würden nach gefülltem Magen am frühen Morgen ausgelassen miteinander spielen, Saltos schlagen und hätten viel Spaß an "menschlichen Fischen".

Wir wurden in zwei Gruppen eingeteilt und bekamen nach einer kurzen Einweisung unsere Outfits: Neoprenanzug mit Kapuze - macht bei 15 Grad Wassertemperatur durchaus Sinn -, Flossen und Taucherbrille mit Schnorchel. Diese zogen wir sofort an und probierten sie aus. Eingezwängt in den Anzug, Flossen und Schnorchelausrüstung in der Hand, Rucksack mit Handtuch und warmen Sachen am Rücken, saßen wir in einem Vorführraum, in dem uns ein Film zur Region und zu den Regeln im Boot und im Wasser gezeigt wurde. So ist die Hauptaussage bei diesem Event: Du triffst die Delfine in ihrer natürlichen Umgebung, respektiere diese und versuche nicht sie zu berühren. "The dolphins won't attract you, you have to attract them." Dusky Dolphins an der neuseeländischen Küste werden zwischen 165 und 200 cm groß und wiegen zwischen 60 und 90 kg, also menschliche Maße. Sie sind äußerst gesellig und sozial und leben in Gruppen, "pod" genannt, von 100 bis zu 1.000 Tieren, um u.a. auch besser jagen zu können. Mit ihren spektakulären Sprüngen, Salti und Backflips gehören sie zu den akrobatischsten ihrer Spezies.

Der Hinweis, dass es zwar windstill sei, die Strömung allerdings eine hohe Dünung veranlasse, führte dazu, dass ich bevor wir zunächst in den Bus und später ins Boot stiegen, noch eine Gingertablette und ein Super Pep Kaugummi gegen Übelkeit einschmiss. Rund eine Stunde hatte der Prozess der Einkleidung, Einweisung und Anfahrt gedauert, bis wir schließlich unser Boot bestiegen. Der Nebel hatte sich immer noch nicht gelichtet und so fuhren wir quasi ins Nichts und hofften, dass der Kapitän ein gutes Navigationsgerät hat. Das Meer war ein glatter Spiegel und so sichteten wir schon bald einen Albatross der vor sich hindümpelt und seine langen Flügel ausbreitete als wir uns näherten. Wie im Disney Film "Bernhard und Bianca" - die Älteren unter Euch werden sich erinnern;-) lief er zunächst mit seinen Watscheln über das Wasser bis er allmählich an Schwung und Höhe gewann. Sehr witzig.

Nach rund 15 min. Fahrt tauchten die ersten Delfine neben, hinter und vor uns auf. In der Tat vollführten sie tolle akrobatische Übungen und ließen uns vergessen, dass wir in einem schwankenden Boot saßen. Kurz darauf hielt das Boot an, wir wurden aufgefordert unsere Flossen und Schnorchelausrüstung anzulegen und uns über die Hecktreppe ins Wasser zu lassen. Anna war als eine der ersten im Wasser und da mit Taucherbrille im Gesicht, alle irgendwie gleich aussehen, war sie in unserer Tauchergruppe untergetaucht. Von der Crew bekamen wir die Anweisung "delfinartige Geräusche" von uns zu geben und wenn sie uns begegnen mit ihnen im Kreis zu schwimmen oder zu tauchen. Im Gegensatz zu meinem ersten Erlebnisschwimmen mit den Delfinen war es an diesem Tag fast unmöglich keinen Delfin anzutreffen. Ständig kam mir einer entgegen, schwamm unter mir durch oder tauchte auf einmal neben mir auf. Ich schwamm mit vielen im Kreis, traute mich allerdings nicht mit Schnorchel abzutauchen. Es war einfach großartig!

Nach 45 min. wurden wir aus dem Wasser gerufen, um wieder an Bord zu kommen. Dort gab es einen heißen Strahl Wasser in den Neoprenanzug, der uns aufwärmte und dann schnell raus aus den nassen Klamotten und warme Sachen anziehen, denn die Sonne hatte es immer noch nicht durch die Nebeldecke geschafft. Das Boot bewegte sich noch eine Weile durch den "pod", damit wir viele Fotos schießen konnten. Denjenigen Teilnehmern, die nur mitgegenkommen waren, um die Delfine zu sehen und nicht mit ihnen zu schwimmen, sah man an ihren blassen Gesichtern an, dass sie lieber sofort an Land gefahren wären. Den ein oder anderen Gingerkeks, der angeboten wurde, verdrückte ich allerdings auch noch und so konnte ich das lustige Treiben der Delfine genießen.

Gegen 9:30 Uhr kamen wir wieder an der Station an, wo Horst schon auf uns wartete. Er hatte in der Zwischenzeit unser Auto zur Inspektion gebracht. Wir genoßen ein leckeres Frühstück, gingen zum steinigen Strand und ließen uns von der mittlerweile durchdringenden Sonne gewärmt zu einem kleinen Vormittagsschlaf nieder. Im Traum lächelten mich Delfine an.

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