Die Abschiedsdüne

Im äußersten Norden der Südinsel, am Ende der Golden Bay erstreckt sich eine rund 30 Kilometer lange schmale Landzunge, die mit Sand von der Meeresströmung genehrt wird: Farewell Spit (Abschiedsnehrung) ist die längste Sanddüne Neuseelands. Sie ist durch die extrem starken Strömungen in der Cook Street entstanden. Die fortwährende Bewegung häuft den bis zu 20 Meter hohen Sand in einer hakenartigen Form an. Da die Landzunge ständig wächst, gehen waghalsige Vorhersagen davon aus, dass sie irgendwann einmal bis zur Nordinsel reicht. Wir werden das wohl nicht mehr erleben.

Die Nordseite der Landzunge ist karg und den fortwährenden Strömungen sowie teilweise starken Windböen ausgesetzt, die mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 25 km/h über das Gebiet hinwegfegen. Die der Golden Bay zugewandte Südseite ist geschützter und zu großen Teilen von niedrigwachsenden Pflanzen bedeckt. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut ist hier gewaltig. Bis zu sieben Kilometer zieht sich das Wasser bei Ebbe zurück, wodurch eine etwa 80 Quadratkilometer große Wattlandschaft entsteht, die ein bedeutendes Nahrungsreservoir für viele verschiedene Vögel, wie etwa Tölpel, darstellt. Allerdings ist die flache Bucht auch eine tödliche Falle für regelmäßig strandende Wale, wovon wir leider Zeuge wurden.

Am 13. Februar 2015 sind über 200 Grindwale an der Südseite von Farewell Spit gestrandet. Zahlreiche Freiwillige haben versucht die bis zu 6 Meter langen Tiere zu retten und mit der Flut wieder ins offene Meer zu treiben. Am Ende konnten sie über 60 Wale retten, während der Großteil an der Küste verendete. Als wir am 17. Februar mit unserem amerikanischen Freund Louie eine Tour zu der Landzunge machten, sahen wir bei Ebbe noch eine tote Walfamilie. Kein schöner Anblick und Geruch, doch faszinierend war es trotzdem.


Farewell Spit ist größtenteils ein Naturschutzreservat, das nur einmal am Tag von einem speziellen Öko-Touranbieter über den Strand angefahren wird und ansonsten für den öffentlichen Zugang gesperrt ist. Wir haben eine Tagestour zum Leuchtturm gebucht, der an der früheren Spitze der Landzunge steht. Im Januar 1891 wurde dieser Leuchtturm aus Stahl eingeweiht, nachdem die vorherige Holzkonstruktion schnell dem Wind zum Opfer fiel. Der Turm ist 30 Meter hoch und das weiße Licht 35 Kilometer weit sichtbar. Der Standort des Leuchtturms war zunächst ohne jede Vegetation und damit ohne Schutz gegen die Sandstürme. Die armen ersten, zweiten und dritten Leuchtturmwärter mit ihren Familien waren in den drei kleinen Holzhäusern den starken Böen schutzlos ausgeliefert. Erst um die Jahrhundertwende gelang es, Kiefern als Windschutz anzupflanzen, nachdem man Pflanzenerde auf den sandigen Untergrund schüttete. Um 1960 wurde der Leuchtturm an die Stromversorgung angeschlossen, um die Öl- und Dieselgeneratoren abzulösen. 1984 verließ der letzte Leuchtturmwärter seinen Posten, nachdem die gesamte Anlage automatisiert und ferngesteuert wurde.

Nach einem Picknick in einem der Leuchtturmwärter-Häuschen machen wir uns im roten Bus wieder auf den Rückweg. Vorbei an Robben und den hohen Sanddünen, die zum Boarden einladen. Unser Bus hat allerdings nur ältere Semester geladen, die sogar den Aufstieg scheuen. Wir kraxeln tapfer nach oben und genießen den Ausblick, bevor wir halb rutschend, halb laufend wieder hinabsinken.

Den Tag beschließen wir mit einem Besuch am Wharariki Beach, nicht weit von der Stelle wo Farewell Spit beginnt. Der Strand, der schon zur Westküste gehört, ist vom Parkplatz aus - der nur über eine Schotterpiste angefahren werden kann - zu Fuß in 30 Minuten zu erreichen, was fast dazu geführt hätte, dass wir darauf verzichten, da es schon 18 Uhr ist. Ich schere mich nicht um das Genörgel der "Jungs" und laufe einfach vorneweg - wenn wir schon einmal hier sind;-) Als wir den Strand schließlich erreichen, sind sich alle einig, es hat sich gelohnt. Vor uns erstreckt sich eine tolle Küstenlandschaft, ckarakterisiert durch einen langen Sandstrand, bizarre Klippen, ausgefallene Bögen und Höhlen und massive Fels- und Sandformationen, die gerne auch von Robben und Seevögeln genutzt werden. Das Licht am frühen Abend und der strahlend blaue Himmel stellen den perfekten Hintergrund für den Abschluss eines ereignisreichen Tags dar, der bereits mit der Abschiedsdüne begonnen hatte.

Und auch unser Abschied naht. Am 22. März setzen wir mit der Fähre auf die Nordinsel über und am 25. geht unser Flieger ab Auckland Richtung Heimat.


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