Tief im Osten, wo die Sonne aufgeht


Marija und Mike, unsere Wwoofing Hosts
Ein frohes neues Jahr senden wir Euch, auf das wir hier am anderen Ende der Welt schon 12 Stunden vor Euch angestoßen haben. Genauer gesagt, saßen wir um Punkt Mitternacht neuseeländischer Zeit in einem Auto. Unsere Wwoofing Gastgeber Mike und Marija fuhren mit uns nach einem köstlichen Dinner zu einem Hügel, von wo aus man den Skytower Aucklands sehen kann. Von dessen Spitze wurde ein Feuerwerk gezündet, welches wir aus 50 km Entfernung zu sehen hofften. Doch wir fuhren zu spät los und kamen erst kurz nach Mitternacht dort an. Und das Feuerwerk sahen wir an einer ganz anderen Stelle😉 Übrigens ist es in Neuseeland absolut verboten, ein privates Feuerwerk zu zünden, was uns sehr gut gefällt! Der Sekt, den wir beigesteuert hatten, entpuppte sich als edler Traubensaft mit Kohlensäure 😂. Gut, dass nach der Rückkehr zum Haus, Marija noch einen richtigen Sekt kalt gestellt hatte.


Am 1. Januar haben wir uns mit den besten gegenseitigen Wünschen von Marija und Mike verabschiedet, um uns auf den langen Weg rund um das East Cape der Nordinsel zu machen. Das kaum besiedelte Gebiet ist im Besitz mehrerer Maori-Stämme. Der größte Ort entlang der 327 km langen Küstenstraße (Pacific Coast Highway) hat 830 Einwohner.

Bevor wir allerdings in die Einöde fahren, übernachten wir noch in Katikati, einem kleinen Ort in der Bay of Plenty. Es soll unsere erste Nacht im Sleepervan werden, weshalb wir den erstbesten Campingplatz ansteuern. Er heißt Naturist Campground, was mich schon etwas stutzig macht. Immer tiefer weist uns die Beschilderung den Weg in ein abgelegenes Waldstück an einem Fluß. Wir bekommen auch noch einen Platz - es sind die großen Sommerferien in Neuseeland und die Kiwis lieben Camping - werden allerdings freundlich darauf hingewiesen, dass es sich um einen FKK-Platz handelt. Nun ja, warum nicht. Das Wetter ist herrlich, es gibt einen Pool und die Anlage sieht sehr gepflegt aus. Wir finden ein schönes Plätzchen am Fluß, genießen den Pool und fahren später - dann natürlich wieder angezogen - noch zum Supermarkt, um uns etwas für's Abendessen und Frühstück zu besorgen. Gekocht wird in der Gemeinschaftsküche, wir bevorzugen auch hier Kleidung am Leib zu haben😂, und essen später auf der Campingausrüstung vor unserem Van. Früh krabbeln wir auf unsere Matratze, schließen die Gardinen und lassen uns vom Rauschen des Flusses in den Schlaf singen. Die erste Nacht im Auto war gar nicht so übel. Und den wahnsinnigen Sternenhimmel aus dem Fenster zu betrachten, hilft über manch schlaflose Zeit hinweg.

Bevor wir am nächsten Tag in die Einöde aufbrechen, tanken wir noch in der letzten größeren Stadt Opotiki und kaufen Nahrungsmittel für drei Tage ein. Am 6. Januar haben wir um 8 Uhr die Fähre von Wellington nach Picton gebucht. Bis Wellington sind es von hier aus rund 870 km. Was sich für deutsche Verhältnisse nach einer Tagestour anhört, ist auf den kurvenreichen Straßen, auf denen man häufig maximal 50 km/Std. fahren kann, eine mehrtägige Angelegenheit, zumal wir ja auch Sightseeing-Stopps einlegen wollen.

Zum ersten Mal halten wir an einem ewig langen Strand mit einem tollen Wellengang. Ein kleiner Parkplatz mit einem "Coffee to go" Schild lädt uns dazu ein. Ich bade zum ersten Mal im Pazifik, denn das Wasser ist wider Erwarten angenehm warm. Wieder auf der Straße begegnen uns jetzt nur noch ganz wenige Autos. Da es langsam auf 17 Uhr zugeht, steuern wir das nächste Übernachtungsschild "B'n'B at the beach" an. Ein Privatweg führt uns zu einer nett aussehenden Unterkunft und auf unser Rufen hin, erscheint schließlich ein verschlafener älterer Mann ohne Zähne, der wohl ziemlich lang Silvester gefeiert hat. Nein, wir können uns nur im Vorhinein bei ihm einmieten, doch der nächste Campingplatz sei nur 30 Minuten entfernt.

In der Whanarua Bay werden wir tatsächlich fündig. Wir steuern das Holiday Camp am Hang an und finden erst einmal kein Office zum Anmelden. Eine Frau kommt auf uns zu und weist uns auf einer riesigen Rasenfläche in einer gemütlichen Ecke unter einem Baum einen Platz für 12 Euro die Nacht zu. Wir sind ganz allein auf der Fläche und haben den Blick auf's Meer. Die Küche könnten wir gerne mit den Arbeitern aus Togo nutzen, die für eine Kiwiplantage angeheuert wurden. Sie wohnen in Baracken auf dem Gelände und hören laut Musik, die allerdings nicht bis in unsere entfernte Ecke vordringt. Küche, Duschen und Toiletten erinnern mich an nepalesische Verhältnisse und so kochen wir an diesem Abend zum ersten Mal auf unserem funkelnagelneuen Gaskocher und nutzen unsere Küchenausstattung, die uns Doro und Darren (unsere lieben Autoverkäufer) noch eingepackt haben.



East Cape Lighthouse
Das Gras ist von der Nachtkälte richtig nass, als wir am nächsten Morgen aus unserem Auto kriechen.  Nach einem schnellen Frühstück zieht es uns weiter zur östlichsten Spitze des Landes. Vorbei an der Hicks Bay und Te Ararora, wo wir an einer Manuka Honig Produktionsstätte einen zweiten Kaffee trinken, nehmen wir die 20 km unbefestigte Straße auf uns, um zum East Cape Lighthouse zu kommen. Eigentlich soll man sich hier den Sonnenaufgang anschauen, doch dazu sind wir definitiv zu spät dran. In Te Ararora bewundern wir noch den ältesten und größten Pohutukawa Baum des Landes mit 40 Metern Breite und mehr als 350 Jahren. Schade, dass er nicht mehr blüht.


St. Mary's Church, Tikitiki
In Tikitiki zeigt sich wie sich das Christentum mit der Kultur der Maori wunderbar vereint. In der kleinen St. Mary's Church aus dem Jahr 1920 finden sich im Innenraum wunderbare Intarsien aus Flachs und Schnitzereien. Die harten Kirchenbänke sind mit gehäkelten bunten Kissen zum weichen Niederlassen ausgestattet. Unsere Lunchbrote verzehren wir am endlosen menschenleeren Strand von Tikitiki und bekommen Besuch von zwei Pferden, die sich an den angeschwemmten Algen laben.

Campingplatz in der Te Anaura Bay
Unser Reiseführer gibt uns den Tipp, dass es in Te Anaura einen schönen Campingplatz am Strand geben soll. Gegen 17:30 Uhr kommen wir dort an und sind überrascht, wie voll der Platz ist. Hoffentlich bekommen wir noch einen Stellplatz. Ja, es klappt und wir ergattern sogar einen mit herrlichem Blick auf den Strand. Pünktlich zum Sonnenaufgang um 5:54 Uhr bin ich hellwach, schnappe meine Badesachen und genieße bei einem Strandspaziergang die Einsamkeit und anschließend ein erfrischendes Bad im Meer. Herrlich😃 Unsere Campingnachbarn brechen ihre Zelte inklusive Kühlschrank, Matratzen, Golfausrüstung, Kajaks und dem halben Hausstand nach zweiwöchigem Urlaub ebenfalls ab und schenken uns noch eine Flasche Rotwein von der nahegelegenen Hawks Bay.

Historic Wharf Tolaga Bay
Über die Tolaga Bay, wo wir noch einen Zwischenstopp am längsten Hafenanleger der südlichen Weltkugel - 600 Meter ragt der Anleger ins Meer hinein und wurde bis in die 50er Jahre für Transporte genutzt - einlegen, geht's weiter an herrlichen Küsten vorbei, zurück in die Zivilisation. Die nächste größere Stadt ist Gisborne. Hier tanken wir wieder, kaufen ein und buchen im iSite unsere Übernachtung im Backpacker Hostel (Doppelzimmer mit eigenem Bad😉) in Wellington. Noch ein Abstecher zu einem hügeligen Park mit wunderbarer Aussicht auf die Bucht von Gisborne und auf zur vorerst letzten Übernachtung im Sleepervan. Nach einer schier endlosen Fahrt weg vom Highway hin zur Küste kommen wir um 18 Uhr an den kleinen Campingplatz unserer Wahl in der Tangoio Bay. Der Platz ist voll, doch wir dürfen auf dem kleinen Parkplatz vor dem eigentlichen Campground parken und die Facilities benutzen. Immerhin ist hier alles wieder sehr ordentlich und schön sauber.

Über uns bekannte Orte wie Napier und später die Kapiti Coast, wo wir 2014 drei Monate ein Haus bewohnt haben (siehe Blogbeitrag) fahren wir am nächsten Tag nach Wellington. Nach vier Nächten im Sleepervan genießen wir die weichen Betten, vermissen jedoch die Stille und den Sternenhimmel, die uns tief im Osten begleitet haben.

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